4 – Kreta in der Antike

Die Geschichte von Kreta (Teil IV) vom Protogeometrisches Zeitalter über die archaische Periode und dem klassischen hellenistischen Zeitalter bis zur Herrschaft durch Rom (1.100 v.Chr. bis 330 n.Chr.).

Lato
Treppenförmige Zugangsstraße zur Bergstadt Lato der Dorer.

t arrow2Hier zu Teil III: Untergang der Paläste.

Protogeometrisches Zeitalter (1.100-900 v.Chr.)

In dieser Zeit ereigneten sich in Griechenland selbst bedeutende Ereignisse, wie der allmähliche Niedergang der Mykener und der sogenannte ‚Abstieg der Dorer‘, einer griechischen Rasse, die aus den Bergen von Mazedonien und Epirus nach Griechenland herunterkamen.

Die Dorer wussten, wie man Eisen verarbeitet und erreichten Kreta zusammen mit anderen Völkern aus der vorgriechischen Zeit sowie den Achäern. Sie wurden angeführt von Tektamos oder Teutamos, dem Sohn von Doros.
Dieses Zeitalter wird auch als ‚Sub-minoisch‘ bezeichnet und bedeutet das Ende der brillantesten prähistorischen Zivilisationen, welche die Minoer einst waren.

Kreta war im Niedergang begriffen und seine Bevölkerung schrumpfte durch militärische Operationen deutlich, aber es leistete immer noch einen starken Widerstand.

Die eingesessene Bevölkerung wurde unterworfen. Jedoch viele der Bewohner, die nicht aufgeben wollten, flüchteten in die Berge Mittel- und Ostkretas, wo sie neue Siedlungen gründeten und die minoische Tradition fortsetzten.
Siedlungen aus dieser Zeit wurden in Karfi auf der Lassithi-Hochebene, in Kavousi, in Vrokastro Merabellou und in der Gegend um Praisos gefunden, welches als das Land der Eteokreter bezeichnet wurde, also das Land der ‚wahren Kreter‘.

Karfi
Blick von Karfi zum Meer.

Bis zum Ende des 12. Jahrhunderts v.Chr. war die Masse der Insel jedoch von den Dorern übernommen worden. Dies konnte durch eine regelrechte Invasion erfolgt sein, aber es sieht eher so aus, als ob dies ein langsam fortschreitender Prozess gewesen war, wobei eine Siedlung nach der anderen unter die Herrschaft der Dorer fiel.

Viele minoische Elemente überlebten in der Kunst, zusammen mit den neuen, die mit den Eroberern auf die Insel kamen. Die Verwendung von Eisen und der Brauch der Einäscherung trat verbreitet auf. Waffen und Schmuck wurden nur vor allem aus Eisen hergestellt.
Die Kleidung wurde nicht mehr genäht, sondern mit Eisenfibeln gesteckt. In der Keramikverarbeitung reduzierte sich jedoch die Vielfalt auf wenige Formen und Dekorationen.


Die ‚Große Göttin‘ der Vegetation wurde weiterhin verehrt, aber im Laufe der Zeit wurden viele ihrer Eigenschaften auf die weiblichen Gottheiten des griechischen Pantheons (die Götter des antiken Heiligtums) verteilt.
Vor allem herrschte nun eine männliche Gottheit, während die Vegetationsgöttin weiterhin in örtlichen Kulten als Diktynna oder Britomartis verehrt wurde.

Geometrisch-orientalisierende archaische Periode (900-500 v. Chr.)

Vögel aus dem Tempel des Zeus in Amnisos
Vögel aus dem Tempel des Zeus in Amnisos.

Diese ganze Zeitspanne kann als eine herausragende Periode der kretischen Zivilisation bezeichnet werden. Die Bevölkerung wuchs, es entstanden neue Städte wie Driros, Lato beim heutigen Agios Nikolaos, Rizenia, Axos und andere, während die altbekannten Städte weiterhin bestanden.
Mit der Zusammenbruch der Monarchie wurde als staatliche Organisation das Modell des griechischen Festlandes übernommen und es entstanden ‚Stadtstaaten‘, ähnlich dem alten Sparta.

Die dorischen Eroberer teilten die unterworfen einheimische Bevölkerung in drei Klassen ein: Zum einen, die ‚Periooikoi‘, welche in der Nähe der Städte lebten, aber keine politischen Rechte hatten. Dann die ‚Minoiten‘, die kein eigenes Land besaßen und als Sklaven bei öffentlichen Arbeiten und auf den Feldern eingesetzt wurden. Schließlich noch die ‚Klariote‘, welche persönliche Sklaven waren.

Lato
Die Exedra (Tribüne) an der Südseite der Agora von Lato.

Die Dorer waren die herrschende Klasse, neben den ‚Freien‘ waren die bedeutenden die Ritter. Aus diesen wurden die sogenannten ‚Kosmoi‘ ausgewählt, die Führer in Zeiten von Frieden und Krieg. Der Senat hatte eine rein beratende Eigenschaft und die Agora war nur eine formale Institution.
Aber selbst für die Herrschenden war es ein hartes, kriegerisches Leben, ähnlich wie bei den klassischen Spartanern.

Neben Landwirtschaft und Viehzucht wurde noch Handel mit Ägypten und dem Vorderen Orient betrieben, was deutlich durch den orientalischen Einfluss bei der Metallverarbeitung, wie bei den Kouretenschilden aus der Idäischen Grotte und auch bei der Keramik zu sehen ist.

Kreta entwickelte auch ein hohes Ansehen in der Rechtssprechung und so soll Solon hier seine Anregungen für seine eigene Gesetzgebung erhalten haben. Der bedeutendste erhaltene Gesetzestext sind die Gesetzestafeln aus Gortis. Diese Exemplare stammen zwar etwa aus dem Jahr 450 v.Chr., aber die dort aufgeführten Gesetze waren im Großen und Ganzen schon für Jahrhunderte in Kraft.

Gortis Stadtsrechte
Die Gesetzestafeln mit den Stadtrechten von Gortis.

Die Kunst der geometrischen Periode ist durch Strenge und Selbstbeherrschung in Form und Dekoration gekennzeichnet. Jedoch am Ende dieses Zeitabschnitts entstand unter starken Einflüssen, sowohl auf der Insel wie vom Osten her, die Dädalische oder Archaische Kunst des 7. Jahrhunderts vor Christus.
Ab 650 v.Chr. entstehen unter ägyptischem Einfluss eindeutige Kompositionselemente, welche auch kleinere Plastiken und Reliefs größer erscheinen lassen, zum Beispiel der Reiterfries aus Prinias.
Die auf Kreta sich entwickelnden Stilrichtungen übertragen sich sogar auf das griechische Festland.

Fabelhafte Sammlungen von Keramik wurden auf den Friedhöfen von Knossos und Arkades auf den Ebenen von Afrati gefunden. Östliche Einflüsse sind in der Metallbearbeitung und Miniaturen zu beobachten, mit wunderschönen Beispielen für Bronzearbeiten aus der Zeus-Höhle und dem Symi-Heilgtumn in Viannos.
Es gibt auch Gold- und Silberschmuck aus den Gräbern von Knossos und Rizenia (Prinias). Sarkophage und Fayence-Figuren deuten auf die engen Beziehungen zu Ägypten und es gibt brillante Beispiele für die Tempelarchitektur in Prinias (altes Rizenia), Lato, Driros und Gortis vom dem Ende des 7. Jahrhunderts v.Chr. Gleichzeitig tauchen die ersten, frühen Statuen der altgriechischen Kunst auf.


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Bronze-Schilde
Die Bronze-Schilde aus der Idäischen Grotte, datiert vom späten 9. Jahrhundert bis Mitte des 7. Jahrhunderts v.Chr.

Es ist nicht übertrieben, die Kunst dieser Epochen als letzten Höhepunkt der unabhängigen kretischen Kunst zu bezeichnen, die ab dem 6. Jahrhundert v. Chr. zu verfallen begann. Deren Hauptursachen waren die absolute Herrschaft des dorischen Kriegertums, das Verkümmern des Handels, die Kriege zwischen den kretischen Stadtstaaten, der gleichzeitige Aufstieg der ionischen Städte in Kleinasien und die Flucht der kretischen Künstler und Intellektuellen vor der despotischen Herrschaft auf der Insel.

Klassisches und Hellenistisches Zeitalter (500-67 v.Chr.)

Dem florierenden, vorausgegangenen Zeitalter folgten nun Stagnation und Rückgang. Kreta verpasste die herausragenden Entwicklungen des klassischen Griechenlands und war auch nicht an den gewaltigen politischen und militärischen Ereignissen, wie den Persischen Kriegen, den Peloponnesischen Kriegen und des Feldzugs von Alexander dem Großen in Asien beteiligt.

Driros
Blick auf die zwei Hügel der Bergstadt Driros (links oben erkennt man die kleine Kapelle auf der Spitze) von Norden aus gesehen.

Stattdessen gingen die kleinen Bürgerkriege zwischen den kretischen Städten weiter, bis die jeweils schwächere Stadt von der stärkeren unterworfen wurde. Deshalb sind die Städte auf Kreta in dieser Zeit durch ihre kräftigen Verteidigungsanlagen charakterisiert, wobei Gortis zu den mächtigsten gehörte.
In diesem Klima ständiger Kleinkriege entwickelte sich auch die Kunst nicht weiter, sondern übernimmt die Stile des griechischen Festlandes. Dies ist durch die Grabsteine aus dem 5. Jahrhundert v.Chr. aus Agia Pelagia im Archäologischen Museum belegt.

Lassithi-Hochebene
Tageslicht fällt in die Zeus-Höhle hinein.

Trotzdem profitieren die kretischen Städte immer noch vom Handel. Auch werden viele Heiligtümer und Höhlen wie zu Zeiten der Minoer bis in die römische Zeit weiter genutzt und die Zeus-Höhle auf der Lassithi-Hochebene ist dafür ein herausragendes Beispiel.

Während der hellenistischen Zeit erfolgte die Einmischung mächtigerer Reiche von außen auf die inneren Angelegenheiten Kretas. In dieser Zeit gab es auch einige Fortschritte bei dem Aufbau demokratischer Strukturen. Nun entstanden Bündnisse zwischen Städten auf der Insel, die gemeinsam die Bürgerkriege gegen andere Städtebündnisse fortsetzten.

Dazu gehörte die Konföderation von Orei, welche etwa 300 v. Chr. zwischen Elyros, Lissos, Hyrtakina, Tarra, Szia (das moderne Souyia) und Pikilassos gegründet wurde. Alle sechs Ortschaften lagen in dem heute dünn besiedelten Südwesten von Kreta und traten später der Konföderation von Gortis und der Cyrenaica in Nordafrika bei.

Im Laufe der letzten Jahrhunderte dieses Zeitalters traten Versöhnungsversuche auf, vermutlich aus Angst vor Gegnern außerhalb Kretas und einige Föderationen zwischen Städten der Insel entstanden.

Büdnisvertrag zwischen Knossos und Tylissos
Büdnisvertrag zwischen Knossos und Tylissos im Argetischen Alphabet (ca. 450 v.Chr.)

Ab 200 v.Chr. operieren immer mehr Piraten von Kreta aus, was den römischen Handel zu stören begann. Auch kretische Söldner werden zahlreich von anderen Reich angeworben, da sie über unvergleichliche Guerilla-Taktiken verfügten.

Römisches Zeitalter (67 v.Chr.- 330. n.Chr.)

Seit den Punischen Kriegen vergrößerte sich die Macht Roms, welches nun auch in Kriege auf dem griechischen Festland verwickelt war. Der Einsatz kretischer Truppen auf beiden Seiten während dieser Konflikte und die regelmäßigen Überfälle von Piraten aus Kreta auf römische Handelsschiffe brachten die Insel immer mehr in die Aufmerksamkeit Roms.

So flüchtete auch der geschlagene karthagische Feldheer Hannibal nach Gortis und bereits um 188 v. Chr. versuchten die Römer erstmals die Insel zu befrieden. Aber es verging mehr als ein weiteres Jahrhundert mit nur kleineren Interventionen, bevor Rom seine ganze Aufmerksamkeit Kreta zuwenden konnte, welches der letzte Teil der griechischen Welt war, welcher nicht unter seiner Herrschaft stand.

Im Jahr 74 v.Chr. unternahm Marcus Antionius Creticus, der Vater von Marcus Antonius, den Versuch einer Invasion der Insel, hauptsächlich um die Piraten zu bestrafen. Er wurde aber in einer Seeschlacht von den Kydonier schwer geschlagen.
Deshalb unternahm Quintus Metellus, welcher anschließend auch den Ehrennamen Creticus erhielt, im Jahr 69 v.Chr. einen weiteren Versuch. Diesmal gelang es einen Brückenkopf auf der Insel zu bilden, da die Römer geschickt Zwietracht unter den kretischen Städten sähten. So wurde Metellus zu Beginn des Feldzuges gegen Kydonia von dessen Rivalen aus Polyrinia unterstützt.

Römische Münzen auf Kreta
Römische Münzen auf Kreta (67 v.Chr. bis 330 n.Chr.)

Die Strategie, die Kreter gegeneinander auszuspielen, half ihm gewaltig. Trotzdem war ein dreijähriger, grausamer und bitterer Krieg notwendig, bevor Kreta im Jahr 67 v.Chr. vollständig unterworfen war. Dieser Feldzug war nicht nur von den Kämpfen der Kreter gegeneinander geprägt, wobei Gortis auf römischer Seite kämpfte, sondern auch vom Kampf Römer gegen Römer. Denn in einem erfolglosen Versuch, Metellus Exzesse auf Kreta und seiner zunehmenden Macht Einhalt zu gebieten, schickte Rom weitere Truppen gegen ihn auf die Insel.

Schließlich wurde die Insel am Ende der Kämpfe eine unabhängige römischen Provinz. Die Plünderung und die Zerstörung während des Krieges führten zu einem Bevölkerungsrückgang und waren ein schwerer Schlag für die Landwirtschaft und den Handel der Insel.
Aber dieser Rückschlag war nur vorübergehend, da die Römer die hervorragende Lage Kretas dazu nutzen wollten, ihren Handel mit Ägypten und Phönizien zu stärken und neue Häfen errichteten und andere Maßnahmen zur Stärkung der Wirtschaft ergriffen.

Auch unternahmen die Römer nur wenige Veränderungen bei den lokalen Verwaltungen, welche einfach nur Rom unterstellt wurde. Wie in anderen eroberten Provinzen bauten sie vor allem im ersten und zweiten Jahrhundert nach Christus in der neuen Provinz-Hauptstadt Gortis wunderbare Bauten, wie ein Odeon, zwei Theater, zwei Nymphen, Bäder, ein Amphitheater, das Pytheio, Militärhauptquartiere und andere zivile Gebäude. An zahlreichen anderen Stellen wurden neue Theater und andere Gebäude errichtet.

Prätoriums von Gortis
Ein Blick auf einen Teilbereich des ehemaligen Prätoriums von Gortis.

Die Architektur war hauptsächlich griechisch und nur die Aquädukte, die Staubecken und die Bäder hatten römische Elemente. Dasselbe galt für die Skulpturen. In den anderen Kunstformen gab es römische und östliche Elemente.

Skulpturen
Römische Skulpturen.

Nach der Eroberung gab es schnell Frieden auf der Insel und wurde auch kaum in den eher turbulenten Jahren von Julius Cäsars Aufstieg und Ende gestört.
Gleichzeitig brachte das Ende der Bürgerkriege eine deutliche Steigerung des Reichtums. Kreta wurde zusammen mit der Cyrenaica in Nordafrika zu einer gemeinsamen Provinz zusammengelegt, dessen Hauptstadt Gortis wurde. Wenn es auch nur wenig direkten Kontakt zwischen diesen beiden durch das Libysche Meer getrennten Teile der Provinz gab, so waren sie jedoch wichtige Herkunftsgebiete für Getreide und andere Nahrungsmittel für Rom.
Während dieser lang anhaltenden Friedensperiode stieg die Bevölkerung Kretas auf rund 300.000 Einwohner.

Im Jahr 58 n. Chr. setzt der Apostel Paulus auf der Reise nach Rom seinen Schüler Titus als ersten Bischof auf der Insel ein, wo das Christentum rasch Anhänger findet. Titus organisierte die Verbreitung des Glaubens und die Errichtung der Kirchen, bevor er im Jahr 105 n. Chr. in Gortis hingerichtet wird.

Ruine der Titus-Kirche in Gortis
Die Ruine der Titus-Kirche in Gortis. Sie wurde wahrscheinlich dort errichtet, wo Titus, erster Bischof von Kreta, von den Römern hingerichtet wurde.

Bei der Christenverfolgung um 250 n. Chr. unter Kaiser Decius werden in Gortis zehn weitere Christen enthauptet, die ‚Heiligen Zehn‘ oder Agii Deka.

In den Jahren der Spätantike war Kreta mit dem Schicksal des Römischen Reiches eng verbunden. Als dieses in zwei Teile aufgeteilt wurde, wurde Kreta ein Teil des Oströmischen Reiches. Damit begann ein neuer Zeitabschnitt unter der Herrschaft der christlichen, byzantinischen Kaiser aus Konstantinopel.


t arrow1 Hier zu Teil V: Byzantinische und venezianische Herrschaft.


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